Genau ein Jahr ist es jetzt her, dass ich zwei meiner Bienenvölker mitten im Winter umziehen musste. Sie standen in einem gepachteten Garten, die Pacht wurde gekündigt, das Grundstück sollte samt dazugehörigem Haus neu verkauft werden. Also packten wir unsere Mädels ein und zogen sie auf eine Streuobstwiese von Bekannten ein paar Dörfer weiter um. Das Weihnachtswetter war uns hold, die Temperaturen stiegen kurzfristig auf ungefähr 10°C. Obwohl der Umzug ziemlich gut lief, haben sie mir anscheinend die winterliche Störung doch ganz schön krumm genommen. Bei einer der ersten Durchsichten im Frühjahr musste ich feststellen, dass bei einem der beiden Völker auf mysteriöse Weise die Königin abhanden gekommen war und beim zweiten Volk zwar eine Königin stiftete, aber das Brutnest so klein war, dass das Volk kurz vor dem Kollaps stand. Kurzerhand entschied ich mich, aus zweien eins zu machen, der Brutraum mit dem Mini-Völkchen wurde auf den zweiten ohne Königin aufgesetzt mit einem Blatt Zeitungspapier dazwischen. So war sichergestellt, dass sich beide zwar hören und riechen können, aber nicht direkt aufeinander losgehen können, falls die Liebe auf den ersten Blick noch einen zweiten benötigte. Und tatsächlich, bei der nächsten Durchsicht zeigte sich der Erfolg der Maßnahme: Das neu vereinigte Volk lebte und dank der jetzt reichlich vorhandenen Arbeiterinnen wuchs das Brutnest zusehens auf ein annehmbares Maß an.
Bei meinem zweiten Standort, an dem ebenfalls zwei Bienenvölker fröhlich den Privatgarten bestäubten, sah die erste Winterdurchsicht vielversprechend aus: Beide kamen stark und vital aus dem Winter. Doch wagte ich hier im Frühjahr ein Experiment: Da die einen, ich nenne sie "Die roten" ziemlich aggressiv und stichwütig waren, wolle ich umweiseln und setzte eine Brutwabe mit verdeckelter Königinnenzelle ein, nachdem ich alle im Volk vorhandenen Brutwaben abgeschlagen hatte. So stellte ich sicher, dass die alte Königin abseits des Kastens in der Wiese landete und laut Lehrbuch nicht zurück in ihr Volk finden konnte. Auch diese Maßnahme fruchtete, nach einigen Tagen war die neue Königin geschlüpft und wenige Wochen später waren die ersten verdeckelten Brutzellen zu finden. Zufrieden starteten wir alle gemeinsam in den Sommer.
Ich gebe zu, dass ich in diesem Jahr den Mädels nicht so viel Pflege zukommen lassen konnte, wie sie es verdient hätten, denn ich war hochschwanger. Doch ein interessantes Ereignis brachte der Mai noch mit sich: Mein Sponsor-Unternehmen Sirius Facilities entschied sich, mich auch dieses Jahr mit einem weiteren Bienenvolk zu unterstützen, worüber ich mich maßlos freute. Die neuen Bienen sollten per Paketdienst ihren Weg zu mir finden und ich bekam das genaue Datum mitgeteilt, an dem sie geliefert werden sollten. Bis mittags passierte genau gar nichts, ca. um ein Uhr mittags bekam ich einen Anruf von einem netten Herrn aus dem Dorf, dass vor seiner Tür ein Kasten lebender Bienen abgestellt worden sei, der allerdings an meine Adresse geliefert hätte werden sollen. Ob ich stattdessen sein Paket bekommen habe, wollte er wissen? Ich machte große Augen. Nein, bei mir hat sich nichts verirrt, dafür sputete ich mich, um meine Damen endlich nach Hause zu geleiten. Nach einer Nacht Ruhe in der Garage durften sie dann auch ihren endgültigen Standort auf der Streuobst-Wiese beim vereinigten Volk beziehen. Sie bekamen etwas Futter als Kickstart und entwickelten sich danach prächtig.
Nach der Geburt meines zweiten Sohnes Anfang Juni bekam ich dann zum ersten Mal eine Anfrage, ob ich zwei ambitionierten Neuimkerinnen das Handwerk aus nächster Nähe live und in Farbe zeigen könne. Ich nahm sie kurzerhand mit in den Privatgarten, bei den roten musste ich eh nach dem rechten sehen...Bitte keine politischen Rückschlüsse ziehen, die Formulierung ergab sich rein zufällig ;) Und was haben die bauwütigen fleißigen Damen in meiner Abwesenheit getrieben? Ordentlich Wildbau! So ein Ärger, das musste alles aus dem Bienenstock raus. Allerdings hatten sie auch endlich den Honigraum angenommen und angefangen, das süße Gold ein Stockwerk über ihrer Brut einzulagern. Das Entfernen des Wildbaus nahmen sie mir dennoch ganz schön übel, ganze 5 Stiche bekam ich ab, davon einen direkt in die Nasenspitze und sogar durch die dicken Lederhandschuhe kamen die kleinen Spitzen durch. Meine zwei Schülerinnen nahmen es ganz gelassen, Gott sei dank, ich dachte schon, dass sie nach dieser Vorstellung keine Lust mehr auf eigene Bienen hatten. Doch dem war nicht so. Sie holten sich ihre eigenen zwei Völker in den Garten, jippie!
Der Rest des Jahres gestaltete sich dann relativ unspektakulär, es ging kein Schwarm verloren und auch sonst taten meine Mädels das, was ich von ihnen erwartete. Als ich Ende des Sommers die vollen Honigräume von den Völkern hob, staunte ich nicht schlecht über deren Gewicht! Doch...zu früh gefreut, so wie viele Imker aus Süddeutschland auch lagerte Zementhonig in den Waben. Dieser Honig ließ sich nicht schleudern und somit auch nur in geringen Mengen in Gläser abfüllen. Aber eine Idee sollte Abhilfe schaffen: Dann kommen die Waben eben mit ins Glas! Wabenhonig ist qualitativ das edelste, was auf dem Frühstückstisch landen kann, das Wachs kann dabei einfach mitgegessen werden. Es regt die Verdauung an und geht ansonsten keine Reaktion mit dem Körper ein. Leider brauchte mein kleiner neuer Erdenbürger doch etwas mehr Zeit und Aufmehrksamkeit, so dass die Honiggläser immer noch nicht fertig befüllt sind. Aber das macht nichts, Honig hält sich. Wusstest du, dass in den ägyptischen Pyramiden angeblich 4000 Jahre alter genießbarer Honig gefunden wurde? Erstaunlich, oder?
Der Herbst war gefüllt mit den üblichen Wintervorbereitungen: Auffüttern und Behandeln gegen die lästige Varroa. Doch eine letzte Hiobsbotschaft sollte mich vor dem Einbruch der kalten Jahreszeit noch erreichen: Meine Freundin funkte Sos, bei den Roten stimmt irgendwas nicht "Hier sind so viele Wespen". Also kurzerhand den Mini ins Auto gepackt und hin, als erstes die friedlicheren Nachbarn, die Braunen durchschauen, bevor mich die Roten wieder auffressen. Bei den Braunen passte alles, keinerlei Auffälligkeiten zu sehen. Als ich jedoch den Deckel von den Roten abnahm, bestätigten sich die schlimmsten Befürchtungen: Sie waren kurzerhand ausgezogen und hatten eine leere Bienenbeute hinterlassen. Jetzt feierten die Wespen natürlich dieses Festmahl, die eingelagerten Wintervorräte schmeckten ihnen vorzüglich. Na prima. Allerdings beschlossen wir, die Roten mit einem lachenden und einem weinenden Auge ziehen zu lassen. Friedlicher waren sie durch die Umweiselaktion nähmlich nicht geworden. Eine Fehleranalyse mit befreundeten Imkern brachte die Erkenntnis, dass eine sortenreine, begattete Könnigin in dem Fall wahrscheinlich besser gewesen wäre. Möglicherweise hatten Drohnen als Nachkommen der alten, stichwütigen Königin die neue begattet und so zum Fortbestehen der unerwünschten Charakterzüge geführt. Wie auch immer, jetzt brauchte ich mir keine Gedanken mehr darüber zu machen, irgendwie war ich erleichtert. Wenn dir das Volk den Spaß an der Imkerei verdirbt, dann bist du froh, wenn dir das Schicksal eine Lösung für das Problem liefert. So erwartete ich mit erneut 3 statt 4 Völkern den Winter. Die Wintersonnenwende liegt mittlerweile hinter uns und damit der wichtige Wendepunkt, der schon wieder das neue Frühjahr und die nächste Bienensaison erahnen lässt. So langsam fehlen sie mir ja schon. Schauen wir, was das neue Jahr bringen mag.